Insomnie – Lara Ermer
Der Körper gibt auf,
doch es ist der Kopf, der noch quält.
Es ist so spät,
dass es eher schon zu Morgen zählt.
Die Neonziffern des Weckers-
schon lang nicht mehr lesbar.
Die Beine und Arme-
schon lang nicht mehr bewegbar.
Die Augen geschlossen
als es längst schon zu spät war
und doch nicht mehr geschlafen,
weil das Denken im Weg war.
Und so geht das, Nacht für Nacht, wochenlang schlaflos.
Bin schon lang nicht mehr wach und trotzdem: ich schlaf bloß
ein – zwei Stunden, wenn‘s hochkommt.
Als ich einen Arzt um Hilfe frag antwortet er prompt:
„Haben Sie‘s denn schon mit weniger Denken und ‘nem Bierchen vorm Schlafengehen versucht?“
Verdammt, das lässt sich halt nicht lenken
und „ein Bierchen“ hilft mir auch nicht mehr, verflucht,
in meinem Hirn herrscht Volksfest
und ich hab echt das Gefühl,
das waren dann wohl schon ein paar Maß zu viel.
Meine Gedanken schwanken
und ich krieg sie nicht mehr aufgerichtet.
Meine Datenbanken wanken
und ich krieg sie nicht mehr ausgerichtet.
Denn es klopft
in meinem Kopf
und es dröhnt
hinter der Stirn.
Irgendwas pocht
dort in meinem Kopf,
kann kaum seh‘n
und mich nicht konzentrier’n.
Ich hab Silvester im Hirn, Feuerwerk explodiert.
Ein Blitzlicht jagt das Nächste,
man überblickt kaum noch was passiert.
Ein Funke nach dem Anderen – immer höher im Lauter immer heller als zuvor!
Ein unendlicher Andrang -Blindflecken im Auge und ein Dröhnen im Ohr.
Ein paar Stunden später
nur Schwefelrauchschwaden.
Erschöpfung regiert
im Kopf und im Magen
wie grauschwarzer Schneematsch in dem ‘ne Schnapsleiche liegt.
Insomnie hab‘ ich mich so müde gefühlt.
Insomnie war ich so von Erschöpfung erfüllt.
Insomnie sehnte ich mich so sehr nach Ruhe wie jetzt.
Insomnie fühlte ich mich so endgestresst.
Mein Hypothalamus hyperventiliert und der Telencephalon tanzt Tango.
Hab‘ mich schon oft genug mit dieser Situation arrangiert,
aber eigentlich kotzt mich das an so –
Ich hab‘ Angst vor der Nacht, hab‘ Angst vorm Schlafengeh’n,
dabei würd‘ ich doch echt gern mal wieder schlafen –
Steh!
Nicht!
Auf!
Das beunruhigt dich nur.
Und doch der immer gleiche Fehler:
Ein Blick auf die Uhr
„Wenn ich innerhalb der nächsten halben Stunde einschlafe, kann ich noch 4-5 Stunden schlafen“
„Wenn ich innerhalb der nächsten Viertelstunde einschlafe, kann ich noch 3-4 Stunden schlafen“
„Wenn ich möglichst bald einschlafe, kann ich mich vielleicht noch ein bisschen erholen“
Aber: Wenn ich jetzt anfange Kaffee zu trinken, bin ich vielleicht rechtzeitig ansprechbar.
Und so steh ich auf und schütt‘ mich voll mit Koffein
und lächle ein bisschen schläfrig vor mich hin,
denn wenn man nur ganz fest daran glaubt,
dann ist es fast als wäre man gerade erst aufgewacht
und nicht so als wäre man die ganze Zeit schon wach gewesen.
Wenn man nur lauthals lacht,
dann ist es fast als wär‘ die Nacht erholsam gewesen.
Doch später am Tag beginnt das gleiche Spiel, das mir noch nie gefiel.
Sämtliche Reaktionen werden infantil.
Auf einmal ist die Realität zu viel,
unsere Welt zu kühl,
zu weit weg jedes Ziel,
das System instabil.
Alles dreht sich unendlich im ewigen „I feel so unreal“-wheel
und wenn‘s mal vorbei ist,
sitzt man und wartet
hilflos verloren,
restlos labil.
Ein immerwährender Kreislauf
mit Schlaflosigkeit als Fixpunkt
ist ein Lebensgefühl,
das ich so nicht mehr will
und doch sitz ich nur da
und beobachte still
und alles dreht
und es dröhnt
und es lärmt sich
in Richtung Overkill.
Tage und Nächte verschwimmen zu Einheitsbrei.
Morgen und Abend ziehen im Halbschlaf an mir vorbei.
Realität und Traum lassen sich nicht mehr trennen.
Ist das wirklich hier?
Ich kann’s nicht mehr erkennen.
Der Körper gibt auf, er wird müde und manisch.
Nur der Kopf rattert noch, fast schon mechanisch.
Nur der Kopf rattert noch, fast schon mechanisch.
Nur der Kopf rattert noch.
Augen zu, nur ein kleines Bisschen schlafen
Augen zu, nur ein
kleines Bisschen schlafen.
Augen zu,
nur ein kleines
Bisschen
Augen zu,
nur ein
kleines bisschen
schlafen.
Augen zu,
nur
ein
kleines
bisschen
Schlaf.